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175 Jahre städtisches Gymnasium: Die Schule ist auf der Schwelle zur Zukunft

Mit zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Bildung gab es am Gymnasium einen Festakt.

Quelle: Badische Zeitung, 12.11.16

Der Chor „Stimmbildung“ des Städtischen Gymnasiums hat den Festakt musikalisch umrahmt. Foto: Susanne Gilg

ETTENHEIM. Mit zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft und Bildung haben Lehrer, Schüler und Eltern am vergangenen Freitagvormittag mit einem Festakt das 175-jährige Bestehen des Städtischen Gymnasiums gefeiert.

Vorausgegangen waren der Feier im Gymnasium etliche Veranstaltungen zum Jubiläum – zum Beispiel ein großes Treffen der Ehemaligen im September im Europa-Park, zu dem rund 800 Gäste kamen. Die Redner hoben besonders die Verantwortung der Bildungseinrichtung hervor, ihren Schülern das Rüstzeug auf dem Weg zu mündigen und verantwortungsbewussten Bürgern zu vermitteln.

Wie viele Schülerinnen und Schüler es wohl gewesen sein mögen, die da vor ihm und seinen Mitschülern über die Schwelle der Eingangstür zum Altbau des Gymnasiums gegangen sein mögen, fragte sich Schülersprecher Lucas Wolz in seiner Rede, für die er tosenden Applaus erntete. "Nicht an jeder Schule überlässt man den Schülern so viel Verantwortung", lobte der Schülersprecher. Er dankte er im Namen seiner Mitschüler nicht nur den Lehrern, sondern vor allem auch Schulsekretärin Bettina Kirner und Hausmeister Bernhard Mösch.

Einer der Schüler, die vor Lucas Wolz über die Schwelle zum Altbau getreten sind, war 1969 Christian Machleid, Vorsitzender der Schulgemeinde Ettenheim. Er verwies in seiner Rede auf den Geburtstag, den die Förderer des Gymnasiums in diesem Jahr auch gefeiert haben: Seit 1926, also seit 90 Jahren, gewährt die Schulgemeinde dem Städtischen Gymnasium immer wieder finanzielle und ideelle Unterstützung, etwa bei der großen Feier im Europa-Park. 17 000 Euro seien es gewesen, die in diesem und im vergangenen Jahr von der Schulgemeinde ans Gymnasium geflossen sind.

Am 4. November 1841 waren 82 Schüler zum ersten Mal durch die Eingangstür in die neue Schule gegangen. "Dass wir heute am 11. November feiern, liegt daran, dass der 4. November in den Herbstferien lag", sagte Schulleiter Frank Woitzik. Mit dem närrischen Treiben, das zu dieser Uhrzeit (die Uhr zeigte gerade 11.11 Uhr) vielerorts herrsche, habe der Festakt so rein gar nichts zu tun, scherzte der Rektor, der im lichtdurchfluteten Foyer des Gymnasiums zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Bildung begrüßte, unter ihnen den ehemaligen Kultusminister Helmut Rau, der die Festansprache hielt.

"Wir müssen täglich darauf hinwirken, dass die heranwachsende Generation sich nicht von dumpfen Parolen verführen lässt", appellierte der Schulleiter und verwies auf die rechtsextremen Strömungen, die in der Gesellschaft wieder erkennbar seien. Wie viele der Redner erinnerte Woitzik an die vielfachen Diskriminierungen, die jüdische Schüler des Gymnasiums, etwa Hedy Epstein oder Stef Wertheimer während der Herrschaft der Nazis am Städtischen Gymnasium widerfahren waren.

"Stef Wertheimer kann sich noch namentlich an die Lehrer erinnern, die ihn gequält haben", berichtete auch Helmut Rau, der mahnte, dass in Diktaturen Schüler über die Bildungseinrichtungen in ihrer Gesinnung manipuliert werden. Einen sinn- und maßvollen Einsatz von neuen Medien forderte der ehemalige Kultusminister, der befürchtet, dass Schülern in der "schönen neuen Welt" ihr Urteilsvermögen abhanden kommen könnte. "Wo bleibt das Urteilsvermögen, der Kern unserer Persönlichkeit, wenn wir uns nur noch auf Hilfssysteme stützen?", fragte er.

Um das Urteilsvermögen ging es auch Bürgermeister Bruno Metz, der einen Blick über den großen Teich warf – die Verwunderung über Trumps Wahlsieg war ihm noch deutlich anzumerken. "Auch solche Entscheidungen haben etwas mit Bildung zu tun", hob er den Bildungsauftrag des Gymnasiums hervor.

Die vielfältigen Angebote und Aktionen des Gymnasiums, die auch über den normalen Unterricht hinausgehen, lobte die Landtagsabgeordnete Sandra Boser, bildungspolitische Sprecherin der Grünen. "Toll sind nicht nur die kulturellen, sondern auch die sportlichen Zusatzangebote – auch die Ettenheimer Solar Challenge ist einmalig."

Steffen Auer, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein, überbrachte die Grüße der Bildungspartner. Denn, das hatte Rektor Frank Woitzik eingangs gesagt: "Die Schulen sind heute aufgefordert, Kontakte zur Wirtschaft zu knüpfen." So hob der promovierte Chemiker die Bedeutung der Lehrer hervor: "Das Allerwichtigste ist es doch, gute Lehrer zu haben – den Schulchor, den gibt’s nur, weil’s einen engagierten Lehrer gibt, der ihn leitet." Den Beweis lieferte der Chor, der sich Stimmbildung nennt, mit seinen musikalischen Einlagen während der Feier.

Die Elternbeiratsvorsitzende Mauritia Mack brachte schließlich das auf den Punkt, warum das Städtische Gymnasium in der ganzen Ortenau einen hervorragenden Ruf genießt: "Wir Eltern haben ein gutes Gefühl, unsere Kinder hier ins Gymnasium zu schicken."

Und so gehen im Jahr 2016, 175 Jahre nach Gründung der Schule, täglich rund 500 Schüler über die Schwelle des Altbaus.

STIMMEN

Im Jubiläumsjahr hat die Badische Zeitung in einer Serie ehemalige Schüler vorgestellt, die außergewöhnliche Lebenswege eingeschlagen haben.